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24. - 25.03.2024 (Dortmund)

Jahrestagung 2023 der GPED – Kenntnisse und Wissen im Philosophieunterricht

Auf der von Meike Neuhaus (Dortmund) und Philipp Richter (Bochum) an der TU ‎Dortmund veranstalteten Jahrestagung der GPED setzten sich 16 Vorträge und eine ‎Podiumsdiskussion mit der Bedeutung von Kenntnissen und Wissen im ‎Philosophieunterricht auseinander. Das Thema wurde gewählt, da aufgrund der ‎schulpraktischen Schüler- und Kompetenzorientierung, aber auch aufgrund der ‎philosophiedidaktisch etablierten Problem- und Methodenorientierung einer ‎Vermittlung von Kenntnissen und Wissen über Philosophie (und ihre Geschichte ‎sowie über die aktuelle, akademische Forschung) oftmals geringere Beachtung ‎geschenkt wird. Mit über 70 angemeldeten Teilnehmer:innen war die erste ‎Jahrestagung der GPED in „real-life“ gut besucht. Es wurde produktiv diskutiert sowie ‎an Forschungsfragen gearbeitet.

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‎Im ersten Themenschwerpunkt der beiden Tagungspanels wurden insbesondere ‎meta-philosophische Fragen in didaktischer Hinsicht verhandelt, da die Reflexion von ‎Philosophie- und Ethik-Unterricht notwendig auf eine Auseinandersetzung mit der ‎Philosophie, ihren Methoden und Grundbegriffen führt. Hier waren auch ‎unterschiedliche Konzeptionen von Wissen (und verwandter Begriffe) Gegenstand ‎der Diskussion.‎

Die Vorträge des zweiten Themenschwerpunkts nahmen ihren Ausgang von ‎konkreten Anforderungen in der Unterrichtspraxis: Wie kann von Schülern durch die ‎Aktivitäten des Denkens, Redens, Lesens und Schreibens philosophisches Wissen ‎erworben und durch Übung gesichert werden? Welche Anleitungen und ‎Unterstützung können und sollten Lehrkräfte hier geben? ‎

Mit Blick auf die Lehrkräftebildung wurde im dritten Themenschwerpunkt diskutiert, ‎wie (angehende) Lehrkräfte mit den Ordnungen und Inhalten des Fachwissens ‎umgehen können und insbesondere welche Kenntnisse (und Meta-Kenntnisse) aus ‎und über das Fach dringend erforderlich sind.‎

Auf der Podiumsdiskussion entwickelten Steffen Goldbeck (Oberhausen), Leonie ‎Teubler (Köln) und Christian Thein (Münster) ihre Positionen zur Frage, welches ‎Wissen durch philosophiedidaktische Forschung generiert werden kann und sollte. ‎Kritisch diskutiert wurde, ob und inwiefern die Philosophiedidaktik in Bezug auf die ‎Desiderate der verschiedenen Ausbildungs- und Tätigkeitsphasen im Lehrberuf als ‎eine Kunstlehre des Unterrichtens oder als eine darüberhinausgehende Wissenschaft ‎verstanden werden sollte. Dabei gerieten der Umgang mit Modellen, die ‎unterschiedlichen Anforderungen und Zielsetzungen des Wissenserwerbs sowie die ‎Differenz von normativer Theoriebildung, empirisch-deskriptiver Erhebung und ‎Auswertung sowie der Aktivitäten bei der praktischen Umsetzung in den Blick.‎

Besonders gefördert wurde auf der Tagung der wissenschaftliche Nachwuchs: Im ‎Rahmen eines Satelliten-Workshops der Jungen GPED bot sich den zehn anwesenden ‎Mitgliedern der Arbeitsgruppe für die Qualifikationsphase die Möglichkeit zum ‎persönlichen Kennenlernen, Vernetzen und zum inhaltlichen Austausch. Vorträge zu ‎Bewertungsaspekten von Studierendenabgaben (Patrick Maisenhölder) und zum ‎Verhältnis von Philosophie und Psychologie im Philosophieunterricht (Sascha Euler) ‎waren Ausgangspunkte für die gemeinsame Reflexion. Die nächsten, monatlich ‎stattfindenden Jour Fixe-Treffen möchte die AG, die von Melanie Förg, Nils Höppner ‎und Katharina Schulz geleitet wird, für weitere Projektvorstellungen und zum ‎Austausch über methodische Fragen und institutionelle Rahmenbedingungen ‎nutzen.‎

In der Schlussrunde der Tagung wurden wichtige Themen und Forschungsdesiderate ‎identifiziert. Als ein Forschungsfeld, das dringend weiterentwickelt werden sollte, ‎sahen die Tagungs-Teilnehmer:innen die empirische Forschung in der Philosophie- ‎und Ethikdidaktik. Wie lassen sich philosophiedidaktisch sinnvolle empirisch-‎deskriptive Zugänge zu den Fragestellungen und Gegenständen der ‎Philosophiedidaktik entwickeln? Als Herausforderung wurden dabei die in Sozial- und ‎Bildungswissenschaften sowie anderen Fachdidaktiken bereits etablierten, aber sehr ‎vielfältigen Forschungsmethoden und die heterogenen Forschungskontexte gesehen. ‎Welche von diesen lassen sich auf welche Weise für die Erforschung von Philosophie- ‎und Ethikunterricht gewinnbringend einsetzen und fachtypisch weiterentwickeln? ‎Auch wurde diskutiert, wie Philosophie- und Ethik-Didaktiker:innen die empirische ‎Arbeit starten können und wo in der Fülle verfügbarer Literatur ein Einstieg gefunden ‎werden kann. Workshop- und Austauschformate seien notwendig, in denen auch in ‎Kooperation mit anderen Wissenschaften Methoden und Zugänge der empirischen ‎Forschung erörtert und erlernt werden können. Angesichts des Vorschlages, hier in ‎maximaler Transparenz und Zugänglichkeit in der Community mit der „Open Science“ ‎und „Open Methodology“, wie es in den Bildungswissenschaften zum Teil betrieben ‎wird, zu arbeiten, wurde darauf hingewiesen, dass möglichst keine Parallelstrukturen ‎entstehen sollten. Einerseits wären eine Bestandsaufnahme, was gibt es bereits in ‎der Philosophiedidaktik an empirischer Forschung, Datensätze oder Fallarchive, ‎andererseits auch die enge Kooperation der Community in der Entwicklung der ‎deskriptiv-empirischen Forschung nötig. Es wurde auch darauf hingewiesen, dass von ‎politischer Seite insbesondere auch eine empirische und theoretische Erforschung ‎der Hochschullehre und ihrer Didaktik gefördert werde. Womöglich wäre es auch für ‎die Philosophie- und Ethikdidaktik sinnvoll, an eine Forschung zur Hochschullehre – ‎ggf. im internationalen Vergleich – zu denken. 

Als ein weiteres wichtiges Feld erschien die Erforschung der Sein- und Sollen-‎Differenz in der Lehrkräfteausbildung, die in einem induktiven Zugang erschlossen ‎werden sollte: Was wird an den Institutionen der Lehrkräfteausbildung ‎weitergegeben und wie wirkt sich dies auf das Denken und Handeln von Philosophie- ‎und Ethik-Lehrkräften unterrichtspraktisch aus und was sollte (idealerweise) ‎weitergeben werden? Hier müsste weiter an der Schnittstelle der deskriptiven ‎Erfassung der Praxis und der normativen Theoriebildung gearbeitet werden.‎

Die Tagung habe auch das Desiderat einer fachdidaktischen Auseinandersetzung mit ‎dem in Deutschland in Begründung befindlichen Fach „Philosophie in der Primarstufe ‎bzw. in der Grundschule“ gezeigt. Mehrere Vorträge haben sich auf der Tagung ‎diesem Feld gewidmet. Es wurde der deutliche Wunsch geäußert, hier Konzepte und ‎Forschungsansätze im Rahmen einer Arbeitsgruppe der GPED zu entwickeln.

Insgesamt ist das Format der Tagung auf eine sehr positive Resonanz gestoßen. ‎Gelobt wurde das Tagungsthema, das als sowohl für Forschung und Lehre direkt ‎relevant als auch hinreichend breit empfunden wurde, so dass aktuelle Arbeitslinien ‎ohne Neuerfindung angeschlossen werden konnten. Ebenfalls positiv hervorgehoben ‎wurden die großen Zeitslots von 30Min. für Vortrag und 45Min. für Aussprache, so ‎dass produktive Diskussionen entstehen konnten.‎

Der GPED-Vorstand will das (Journal-)Verfahren zur Publikation nach ‎wissenschaftlicher Qualitätssicherung (Blind Peer Review) explizit fördern. Daher ‎werden die Beiträge der Tagung nicht in einem Sammelband veröffentlicht. Die ‎Beiträge der Tagung sollen als Papers ausgearbeitet und zum Beispiel beim neu zu ‎begründenden Jahrbuch für philosophiedidaktische Forschung ins Peer-Review ‎gegeben werden. ‎

Das Jahrbuch für philosophiedidaktische Forschung ist, wie Tom Wellmann vom GPED-‎Redaktionsteam erläutert, eine jährlich erscheinende wissenschaftliche ‎Fachzeitschrift, in der wissenschaftliche Aufsätze nach Double Blind Peer Review ‎publiziert werden können. In einer zweiten Rubrik können nach Redaktions-Review ‎auch Debattenbeiträge, Unterrichts- und Studienprojekte, Kritiken, Essays oder ‎Buchrezensionen veröffentlicht werden. Die einzelnen Ausgaben des bei ‎Springer/Metzler angesiedelten Jahrbuchs haben keinen thematischen Schwerpunkt. ‎